Als Sammlerin und Speedrunner habe ich im Laufe der Jahre unzählige Spielkassetten in die Finger bekommen — von vergilbten Game-Boy-Klassikern bis zu seltenen SNES-Titeln. Dabei ist mir eines klar geworden: Fälschungen werden immer besser. Deshalb teile ich hier meine erprobten Methoden, mit denen ich seltene Kassetten authentifiziere und Fälschungen sicher erkenne. Diese Techniken sind praktisch, meist kostengünstig und funktionieren für verschiedene Systeme (NES, SNES, Genesis, Game Boy, N64 u.v.m.).
Vorbereitung: Recherche und Kontext
Bevor ich überhaupt ein Paket öffne oder eine Kassettenrückseite abschraube, starte ich mit Recherche. Wissen ist oft der schnellste Fake-Detektor.
Produktrecherche: Ich suche nach Original-Fotos der Karte, des Labels, des Manuals und der Verpackung. Offizielle Fotos, Museumseinträge oder Sammlerforen (z. B. Reddit r/gamecollecting, SMS Power für Master System, SNESCentral) helfen enorm.Seriennummern & Veröffentlichungsdaten: Manche Hersteller haben Seriennummern oder Label-Varianten, die nur in bestimmten Jahren vorkommen. Vergleich mit verlässlichen Quellen reduziert Fehlerquellen.Preischeck: Ein extrem günstiger Preis für eine seltene Cartridge ist oft der erste Alarmzeichen. Ich vergleiche immer mit dem Mittelwert aktueller Auktionen auf eBay und spezialisierten Shops.Sichtprüfung: Erste Indizien, die sofort auffallen
Eine sorgfältige visuelle Kontrolle kann viele Fälschungen entlarven.
Label & Druckqualität: Original-Labels haben eine bestimmte Druckqualität, Materialdicke, Randbeschnitt und typische Alterungsmerkmale (leichte Vergilbung, Mikrokratzer). Achte auf unscharfe Drucke, falsche Farben oder merkwürdige Schriftarten.Kartongehäuse & Kunststoff: Bei älteren Kassetten ist das Plastik oft leicht vergilbt. Ein komplett weißes, makelloses Gehäuse bei einem 30 Jahre alten Spiel ist verdächtig. Ebenso untypische Nahtstellen oder neue Schrauben.Aufkleber & Siegel: Manche Sammlerausgaben haben Herstelleraufkleber oder Copyright-Stempel. Fehlt etwas, das laut Referenz vorhanden sein sollte, frage nach.Aufschrauben: Wann und wie ich das mache
Das Öffnen der Cartridge ist die zuverlässigste Methode zur Echtheitsprüfung, sollte aber vorsichtig und nur bei Bedarf erfolgen (vor allem bei teuren Sammlerstücken ohne Herkunftsnachweis frage ich erst den Verkäufer).
Werkzeug: Ich benutze spezielle Schraubendreher (Tri-wing, Torx, Spiele-spezifische Bits). Ein antistatisches Armband und eine weiche Unterlage schützen die Platine.Fotos machen: Bevor ich etwas löse, fotografiere ich die Außenseite und jeden Schritt beim Öffnen. Das hilft beim späteren Wiederverschluss und dokumentiert den Zustand.Platine & Chips prüfen
Die Hardware gibt oft die besten Hinweise.
Chip-Typen & Beschriftungen: Original-ROM- und Mask-ROM-Chips haben bestimmte Herstellercodes, Produktionsstempel und Datumscodes. Fehlen diese oder sind sie verdächtig sauber aufgelötet, ist Vorsicht geboten.Lötstellen & Sockel: Originale Platinen haben saubere, industrielle Lötungen. Handgelötete Verbindungen, heiße/kalte Lötstellen oder zusätzliche Kabel sind schlechte Zeichen.Brett-Layouts vergleichen: Viele Spiele verwenden charakteristische Platinen-Layouts. Ich vergleiche mit Referenzbildern aus Foren oder Serien-Boards (z. B. NES PRG/CHR-Board-Varianten).RTC/Backup-Batterien: Bei Spielständen (z. B. Pokémon, einige RPGs) ist ein originaler Batteriehalter oft vorhanden. Ein fehlender oder erst kürzlich ersetzter Batteriehalter kann auf Restaurierung oder Fälschung hinweisen.Elektrische Tests
Wenn ich Zugang zu einem Multimeter habe, nutze ich einfache Tests.
Durchgangstest: Kurzschlussprüfungen zwischen Vcc und GND können zeigen, ob Komponenten fehlen oder falsch verbunden sind.Spannungsprüfung: Beim Einlegen in die Konsole lasse ich Stecker und Kontakte prüfen — schlechte Lötstellen oder abgenutzte Kontakte führen oft zu Lesefehlern.Authentizität von Verpackung & Manual
Die Verpackung und das Manual sind oft die Achillesferse von Fälschungen.
Papierqualität & Druck: Originale Manuals haben eine bestimmte Papierstärke und Alterung. Fotokopien fühlen sich meist anders an und haben oft Druckrasterartefakte.ISBN, Copyright & Sprachvarianten: Prüfe Copyright-Jahre, Übersetzungen und eventuelle Fehler in Texten. Viele Fälscher übersehen kleine, aber charakteristische Druckfehler.Versiegelungen & Inserts: Originalverpackungen haben oft bestimmte Polster, Inserts oder zusätzliche Flyer. Fehlt etwas, ist das ein Warnsignal.Provenienz und Verkäufer-Check
Ein verlässlicher Verkäufer gibt mir oft mehr Sicherheit als eine perfekte Außenoptik.
Bewertungen & Historie: Auf Plattformen schaue ich mir Feedback, Rückgaberaten und frühere Listings an. Verkäufer, die viele seltene Kassetten gleichzeitig anbieten, wecken mein Misstrauen.Detailfotos verlangen: Ich bitte gezielt um Fotos der Platine, der Schrauben, des Innenraums und der Kanten. Unwilligkeit, diese zu liefern, ist ein Warnzeichen.Fragen stellen: Wo kommt die Cartridge her? Gab es Restaurierungen? Originalkaufbelege? Ehrliche Verkäufer geben meistens nachvollziehbare Antworten.Technische Hilfsmittel, die ich nutze
Ein paar Tools haben mir oft geholfen, schnell Klarheit zu bekommen.
UV-Lampe: Manche Klebstoffe oder Aufkleber reagieren unterschiedlich unter UV-Licht — das zeigt nachträgliche Reparaturen.Digitale Waage: Originalkassetten wiegen oft unterschiedlich von billigen Repros; ein unerwartetes Gewicht kann auf zusätzliche Hardware hindeuten.Mikroskop oder starke Lupe: Zur Inspektion von Lötstellen, Druckpunkten und kleinen Beschriftungen auf ICs.Typische Fake-Signale, die ich gelernt habe zu erkennen
Zu perfekter Zustand bei sehr alten Spielen (keine Vergilbung, keine Kratzer).Neuer Klebstoff oder unpassende Schrauben (z. B. Kreuzschlitz statt Tri-wing bei Nintendo-Kassetten).Platinendiagramme, die nicht zu bekannten Board-Revisionen passen.Unstimmigkeiten zwischen Label-Design und Regionscode oder Cartridge-Geometrie.| Check | Original | Mögliche Fake-Indikation |
|---|
| Labeldruck | Gute Druckqualität, leichte Alterung | Unscharfer Druck, falsche Farben |
| Schrauben | Hersteller-spezifische Bits (z. B. Tri-wing) | Universal-Kreuzschlitz, neu |
| Platinen-ID | Bekannte Board-Rev. & IC-Codes | Keine oder handgelötete Änderungen |
| Gewicht | Typisches Herstellergewicht | Deutlich leichter/schwerer |
Was tun, wenn ich eine Fälschung vermute?
Wenn ich den Verdacht habe, kontaktiere ich zuerst den Verkäufer, dokumentiere alles mit Fotos und fordere eine Rückgabe. Auf Plattformen mit Käuferschutz eröffne ich gegebenenfalls einen Fall. In Sammler-Communities poste ich anonym Fotos, um schnelle Meinungen einzuholen — oft reicht das, um Klarheit zu bekommen.
Letzte Tipps aus meiner Praxis
Vertraue deinem Bauchgefühl — wenn etwas zu gut aussieht, ist es oft nicht echt.Baue dir ein Netzwerk: Kontakte in Foren, lokale Sammlergruppen und Experten sind Gold wert.Investiere in ein kleines Set an Werkzeugen und ein Multimeter — die Ausgaben lohnen sich schnell.Bei ganz teuren Stücken: Professionelle Authentication-Services oder konservatorische Gutachten in Erwägung ziehen.Authentifizierung ist manchmal Detektivarbeit, manchmal Mikroelektronik und immer ein Stück Abenteuer. Ich hoffe, diese Methoden helfen dir, selbstbewusster beim Sammeln aufzutreten — und dich vor Enttäuschungen zu schützen. Wenn du magst, kannst du mir Fotos einer fragwürdigen Cartridge schicken (über die Kontaktseite des Blogs) — ich werfe gerne einen Blick darauf und teile meine Einschätzung.
